Pferdekauf: Bocken – Sachmangel oder beim Käufer angewöhnt?

Veröffentlicht von Antje Rahn am

Haftungsgutachten

In dem Rechtsstreit ging es um einen jungen Wallach, der als Reitpferd ausprobiert und gekauft worden war.

Beim Ausprobieren durch die Käuferin (Klägerin) war der junge Wallach durch die Verkäuferin (Beklagte) zuvor ablongiert worden. Dabei hatten alle Beteiligten amüsiert zugeschaut, wie der Wallach an der Longe übermütig und routiniert bockte.

Dieses Verhalten des Pferdes war nicht nur goutiert, sondern durch herabhängende Bügel sogar zusätzlich forciert worden.

Die Käufer hatten diese Art des Ablongierens gleichermaßen zu Hause weiter praktiziert.

Vor dem Reiten wurde das junge Pferd weiterhin regelmäßig so ablongiert.

Groß war das Erstaunen auf Käuferseite, als der Wallach dieses Verhalten schließlich erstmalig auch unter dem Reiter zeigte.

Dies wiederholte sich und bald war das Bocken ein gefestigtes Verhaltensmuster auch unter dem Reiter.

Ungewollte Konditionierung des Verhaltensmusters Bocken

Anhand vorliegender Videos wie auch anlässlich des Ortstermins zeigte sich, wie das Bocken des Wallachs an der Longe nicht nur geduldet, sondern durch die unerfahrene Käuferin unwissentlich immer wieder erneut provoziert wurde.

Für das junge Pferd ergab sich dadurch kein Hinweis, dass sein Verhalten unerwünscht sein könnte.

Im Gegenteil, irgendwann probierte der lebhafte Wallach das Bocken in ähnlicher Weise auch unter dem Reiter. Gerade für lebhafte junge Pferde kann dies als eine willkommene Abwechslung in bewegungsarmem, wenig abwechslungsreichem Hallenalltag wahrgenommen werden.

Wenn der Reiter mehrfach abgeworfen wird, führt dies leicht in eine ungewollte Konditionierung, die kaum noch zu lösen ist. Denn es ist nicht zu verhindern, dass die Pferde sich bei jedem Abwerfen quasi unmittelbar selbst belohnen.

Die ungewollte Konditionierung bewirkt, dass das Bocken immer wieder versucht wird, auch wenn es unter professionellem Beritt vorübergehend nicht gelingt den Reiter abzuwerfen.

Im Ergebnis können solche Pferde als Reitpferd unbrauchbar werden.

Als Reitpferd unbrauchbar bereits zum Übergabezeitpunkt?

Fraglich blieb, ob der Wallach bereits vor dem Gefahrübergang als Reitpferd ungeeignet war.

Die Videos legten nahe, dass das Bocken -jedenfalls an der Longe- bereits vor Übergabe gefestigt war, ob es unter dem Reiter bereits vor Übergabe aufgetreten war, blieb jedoch unsicher.

Durch das fortgesetztes Provozieren und Tolerieren an der Longe, wurde das Bocken jedenfalls spätestens im Käuferstall schließlich auch unter dem Reiter „ausprobiert“, für das lebhafte Pferd zu einer willkommenen Abwechslung und in der Folge zu einem verfestigten Verhaltensmuster- ein Verhaltensmuster, das den Wallach als Reitpferd für die Käuferin unbrauchbar machte.

Kategorien: Allgemein

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