Geländeritt mit tragischem Ausgang
In vorliegendem Fall ging es um einen Ausritt im Gelände, bei dem drei Reiterinnen mit ihren Pferden im Gelände unterwegs waren. Sie waren auf einem Waldweg hintereinander galoppiert. Am Ende war bei dem in der Mitte galoppierenden Pferd die oberflächliche Beugesehne des rechten Hinterbeines vollständig durchtrennt.
Die Reiterin des verletzten Pferdes war Klägerin. Sie verlangte Schadensersatz und behauptete, dass das Pferd der hinter ihr reitenden Beklagten die Verletzungen verursacht hätte, indem es mit dem Vorderhuf in das Hinterbein des Pferdes getreten sei.
Die beklagte Partei behauptete, dass das klägerische Pferd sich die Verletzung ohne Zutun des dahinter galoppierenden Pferdes der Beklagten zugezogen habe und dass eine übliche Gamasche die Verletzung verhindert hätte.
Weiter hatte die beklagte Partei behauptet, dass die Reiterinnen bei ihrem Ausritt im Gelände den einzuhaltenden Sicherheitsabstand von mehr als 10 Metern nicht eingehalten hätten.
Der Beantwortung der entsprechenden Beweisfragen war zunächst folgendes voranzustellen:
Eine vollständige Durchtrennung der oberflächlichen Beugesehne eines Hinterbeines ist nur durch ein schweres Trauma möglich.
Die Beugesehnen haben im Galopp eine enorme Belastung zu tragen, für die sie anatomisch ausgelegt sind.
Im Linksgalopp trägt das rechte Hinterbein in der Belastungsphase ein Tonnen-Gewicht, die Beugesehnen stehen dabei unter maximaler Spannung.
In dieser Phase kann eine äußere Gewalteinwirkung zu schweren Verletzungen führen.
Sehnengewebe ist ein sog. bradytrophes Gewebe. Nach vollständiger Durchtrennung einer Beugesehne ist eine funktionelle Heilung nicht zu erwarten, eine anatomische Heilung ist ohnehin ausgeschlossen.
In der Gesamtbetrachtung ergab sich aus den vorliegenden Unterlagen, dass die vollständige Durchtrennung der oberflächlichen Beugesehne hinten rechts die Folge des Einfussens eines Vorderhufes des dahinter aufgaloppierenden Pferdes der Beklagten war.
Die -vorliegend beschlagene- Vorderhufspitze eines galoppierenden Pferdes stellt eine extreme Gewalteinwirkung auf die direkt unter der Haut verlaufende, in der Stützphase straff gespannte Beugesehne dar und erklärte das Verletzungsbild der tiefen horizontalen Wunde mit vollständiger Durchtrennung der Sehne.
Eine Eigenverletzung dieser Art ist unmöglich.
Insbesondere auch die Tatsache, dass bei dem verletzten Pferd der Klägerin das hintere, rechte Hufeisen verbogen war, belegte eindeutig, dass das hinter dem Pferd der Klägerin galoppierende Pferd der Beklagten aufgaloppiert war.
D.h. das Pferd der Beklagten war mit einem seiner Vorderbeine in das zu diesem Zeitpunkt belastete, aufgefußte rechte Hinterbein des Vorderpferdes gesprungen und auf dem Eisenschenkel hinten rechts der Klägerstute aufgesetzt. Dadurch war das Eisen verbogen worden.
Eine übliche Gamasche hätte die Verletzung wahrscheinlich nicht verhindert und dient im Übrigen nicht dem Zweck, vor einer Verletzung durch ein Fremdpferd zu schützen, sondern vor Eigenverletzungen.
Zur Frage des Sicherheitsabstandes war festzustellen, dass der erforderliche Sicherheitsabstand von der Geschwindigkeit abhängt.
Die Einhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstandes ist stets Sache des hinten Reitenden. Der Vordermann-vorliegend die Klägerin- hat darauf keinen Einfluss.